Mühlrad (1. Form)

1. Form, Mühlrad - 1935 und 1942 bei der Familie Kraißer-Ledererbauer in Niederndorf bei Kufstein aufgezeichnet.

8 Paar-Tanz.

Die Paare, jedes in Aufstellung nebeneinander und mit offener Fassung, stellen sich hintereinander außerhalb des Tanzraumes auf.

Schritte: Gehschritte, je Takt 2 Schritte.

Einmarsch ( 8 Takte ):
Die Paare marschieren, links ausschreitend, auf die Tanzfläche
und bilden in Tanzrichtung / gU einen Flankenkreis.

1. Figur ( 8 Takte ):
Die Paare gehen im Kreis in Tanzrichtung / gU weiter. Die Tänzer "klappern", d.h. sie schwingen den Fuß bei jedem Schritt durch, wobei sie den Absatz hörbar auf dem Boden schleifen ( 2. und 4. Achtel ), und setzen ihn dann kräftig auf ( 1. und 3. Achtel ).

2. Figur ( 8 Takte ):
Jedes Paar dreht sich zueinander, fasst einander mit den seit-
gestreckten Armen zur Zweihandfassung und gleichzeitig die
Hände der Nachbarpaare. Mit Klappern im Kreis in Tanzrichtung / gU gehen.

3. Figur ( 8 Takte ):
Das Paar löst die Fassung zu den Nachbarpaaren, führt mit gestreckten Armen eine halbe Drehung rechts / iU aus und fasst wieder mit den Nachbarpaaren Es entsteht die gleiche Figur, aber nun Tänzer außen und Tänzerinnen. Mit Klappern in Tanzrichtung / gU gehen.

4. Figur ( 8 Takte ):
Fassung zwischen den Partnern lösen. Die Tänzer bilden einen äußeren Kreis, der sich klappernd In
Tanzrichtung / gU, die Tänzerinnen einen inneren Kreis, der sich gegen Tanzrichtung / iU bewegt. Am
Schluss müssen die Partner wieder zusammentreffen.

5. Figur, Kette ( 4 x 8 Takte ):
Die Partner legen die rechten Unterarme, aufwärts gewinkelt, aneinander und tanzen einmal rechts /iU umeinander, dann gehen die Tänzer in Tanzrichtung, die Tänzerinnen gegen Tanzrichtung weiter zum nächsten Entgegenkommenden ( 4 Takte ). Diese legen die linken Unterarme, aufwärts gewinkelt, aneinander und tanzen einmal links / gU umeinander, dann gehen die Tänzer in Tanzrichtung, die Tänzerinnen gegen Tanzrichtung weiter zum nächsten Entgegenkommenden ( 4 Takte ). Und so fort im Wechsel, bis die Partner wieder zusammentreffen. Die Tänzer gehen bei dieser Figur ohne zu klappern.

6. Figur 8 Takte ):
Ohne die Fassung der linken Hand mit der letzten Tänzerin zu lösen, wird mit der Rechten die Rechte der Partnerin gefasst. Es entsteht ein Kreis, bei dem die Tänzer gegen die Kreismitte, die Tänzerinnen nach außen blicken. Im Kreis in Tanzrichtung / gU gehen, die Tänzer klappern.

7. Figur ( 8 Takte ):
Die Tänzer springen mit den Füßen gegen die Kreismitte und werden, mit gestrecktem Körper und angebeugten Armen, von den Tänzerinnen im Kreis in Tanzrichtung / gU herumgetragen. Die Tänzer stampfen im Takt mit den Absätzen.

8. Figur 8 Takte ):
Die Tänzer springen auf, lösen die Fassung. Die Paare wenden sich zum Flankenkreis, Partner nebeneinander, Blick in Tanzrichtung, offene Fassung. Die Tänzer fassen zum linkshändigen Stern, der sich mit Klappern in Tanzrichtung / gU bewegt.

9. Figur ( 2 x 8 Takte ):
Der 1. Tänzer lässt seine Tänzerin los, die sofort die Rechte seitstreckt, um die Bildung eines rechtshändigen Tänzerinnensterns, der sich gegen Tanzrichtung / iU bewegt, zu ermöglichen.

Beim 2. Takt wird die 2. Tänzerin losgelassen, die sich der 1. Tänzerin zum Stern anschließt. Beim 3. Takt schließt sich die 3. Tänzerin an, und so fort, so dass nach 8 Takten die Tänzerinnen ihren rechtshändigen Stern gebildet haben. Die frei werdenden Hände werden sofort in die Hüfte gestützt. Die Tänzer gehen während der Bildung des Tänzerinnensterns, ohne zu klappern, in Tanzrichtung / gU weiter.
Die beiden Sterne bewegen sich weitere 8 Takte - die Tänzer in Tanzrichtung / gU, die Tänzerinnen gegen Tanzrichtung / iU -, so dass die Ellbogen- der Tänzerinnen hinter dem ihres Partners, wie zwei Zahnräder, ineinandergreifen. Mit Klappern.

10. Figur ( 2 x 8 Takte ):
Während der Tänzerstern sich klappernd weiterbewegt, wird der Tänzerinnenstern wieder aufgelöst, indem der 1. Tänzer mit seiner Rechten die Linke seiner Partnerin ergreift, über Kopfhöhe hebt und die Tänzerin rechts / iU neben sich dreht. Beim 2. Takt fasst der 2. Tänzer in gleicher Weise seine Partnerin, und so fort, bis nach 8 Takten wieder alle Paare beisammen sind.
Es folgen weitere 8 Takte Kreisgang mit Drehen der Tänzerinnen.

11. Figur ( 8 Takte ):
Der Stern bewegt sich in Tanzrichtung / gU weiter, doch wenden sich die Tänzerinnen nach außen und fassen mit ihrer Rechten die inneren Hände des nachfolgenden Paares; die Arme sind dabei möglichst gestreckt. Mit Klappern.

12. Figur ( 8 Takte ):
Die Tänzer lösen ihren Stern, die Paare wenden sich ( als Ganzes nach rechts / iU zum Flankenkreis gegen Tanzrichtung. Die nun innen befindlichen Tänzerinnen fassen rechtshändig zum Stern, der sich gegen Tanzrichtung / iU bewegt. Mit Klappern.

13. Figur ( 2 x 8 Takte ):
Die Paare bleiben stehen, die Sternfassung der Tänzerinnen wird gelöst, die Partner wenden sich zueinander zum Stirnkreis. Der Tänzer dreht seine Tänzerin unter den gefassten und kurz erhobenen Händen einmal nach rechts / iU ( 2 Takte ), macht vor der Tänzerin einen kurzen Kniefall ( 2 Takte ). Dann tanzen die Paare in geschlossener Fassung Zweischritt-Dreher an Ort ( 4 + 8 Takte ).

Abmarsch ( 8 Takte ):
Die Paare marschieren, den Tanzkreis in Tanzrichtung / gU auflösend, unter Führung des 1. Paares, von der Tanzfläche.

Wird das Mühlrad nur von 4 Paaren ausgeführt, dann werden zur 5. Figur nur 2 x 8 Takte benötigt, unterbleibt in der 7. Figur das Stampfen mit den Absätzen und erfolgt die Bildung und Lösung des Tänzerinnensternes ( 9. und 10. Figur ) auf den 1., 3., 5. und 7. Takt.

Die Kernfigur - das Mühlrad der Tänzer - ist in verschiedenen Formen weit verbreitet. Man nimmt an, dass mit ihr alte Glaubensvorstellungen dargestellt werden. Das Speichenrad, das vielfach im Feuerbrauch und in der Volkskunst vorkommt, wird als Symbol der Sonne gedeutet,

Aber auch die gedankliche Verbindung mit der Verwertung der Ernte ist schon im frühen Mittelalter nachzuweisen. Auf altägyptischen Darstellungen wird diese Tanzform als Weinkelterreigen bezeichnet. In Europa wird die Figur mit dem Mühlrad verglichen und der tanz durch mehrere ähnliche Figuren, wie das zahnradartige Ineinandergreifen zweier Kreise, erweitert. Das taktförmige Stampfen der Tänzer ahmt das Mühlengeklapper nach.

Die vorliegende figurenreiche Tiroler Form hat sich unter Einwirkung bayerischer Trachtenvereine, besonders aus Reit im Winkl, entwickelt.

Der oft gezeigte Schautanz mit Mehlsäcken, weißbestaubten Gesichtern u.a. ist eine Vereinsschöpfung. Die volkstümliche Überlieferung vermeidet Geräte und realistische Darstellung und gestaltet den Tanz mit sinnbildlichen Bewegungen.

Quelle: Karl Horak, Tiroler Volkstanzbuch, Musikverlag Helbling, Innsbruck, 1974.